Claus Reitan talkt: Smartphone statt Zeitung – die Zukunft?
Im Nette Leit Talk beleuchtet der renommierte Journalist und Buchautor Claus Reitan die Entwicklung des Journalismus, die Rolle der gedruckten Zeitung und die Herausforderungen digitaler Medien. Geht die Zeitung unter? Kann das Smartphone sie ersetzen? Ein spannender Einblick in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Branche.
Hat die Zeitung noch eine Überlebenschance?
Die gedruckte Zeitung hat für viele noch einen besonderen Wert: das haptische Erlebnis, die klare Struktur und die Einordnung des Weltgeschehens, die, wie Reitan es ausdrückt, “dem Chaos der Welt vier Ecken gibt”. Doch er macht deutlich, dass sie so kaum zukunftsfähig ist. Ohne digitalen Verbund dahinter, multimediale Strategien und neue Geschäftsmodelle geraten klassische Zeitungen ins Aus. Für ihn bleibt das gedruckte Medium vor allem eine nostalgische Erinnerung für ältere Generationen – während die Jüngeren längst in einer digitalen Welt leben. Mehr dazu im Video.
Claus Reitan: Wie verständigt sich eine Gesellschaft über ihre Angelegenheiten?
Nachrichten am Smartphone sind schnell, flüchtig und oft oberflächlich. Es kommt die Sprache auf den „Headline-Habit“ – NutzerInnen springen von Schlagzeile zu Schlagzeile, ohne in die Tiefe zu gehen. Das Problem dabei: Quellen werden immer weniger überprüft, besonders bei jüngeren Menschen, die ihre Informationen oft aus YouTube oder TikTok beziehen würden. Damit droht ein Verlust an Medienkompetenz – mit Folgen für unsere demokratische Verständigung. Welche Verantwortung JournalistInnen hier tragen, erklärt er ausführlich im Gespräch.
Die Sache mit dem Kontext oder warum “Internet” als Quelle nicht reicht
Claus Reitan betont, wie wichtig es ist, Informationen im Kontext zu verstehen: Wer hat was, wann, wo und unter welchen Umständen gesagt? Gerade im digitalen Raum reicht es nicht, „Internet“ als Quelle anzugeben, was er anhand eines anschaulichen Beispiels darlegt. Kritische Prüfung und genaue Angabe sind entscheidend, um Wahrheit und Einordnung zu gewährleisten. Er zeigt dabei eindrucksvoll, wie leicht Nachrichten sonst missverstanden oder manipuliert werden können. Warum diese Kompetenz für die Gesellschaft so bedeutend ist, erfahren Sie im Video in voller Länge.
Wer ist Claus Reitan?
Frühe Ausbildung und beruflicher Einstieg
- Geboren am 1. Juli 1954 in Innsbruck
- 1973: Matura am Werkschulheim Felbertal in Salzburg sowie Gesellenprüfung – dort war er zudem Chefredakteur der Schülerzeitung
- 1973/74: Einjährig-freiwilliger Wehrdienst
- Anschließend absolviert Claus Reitan einige Semester Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Innsbruck sowie journalistische Grundlagen- und Trainerseminare beim Kuratorium für Journalistenausbildung; später Betriebswirtschaftslehrgang an der St. Galler Business School
Einstieg und Aufstieg in den Journalismus
- 1978: Beginn seiner journalistischen Laufbahn bei der Tiroler Tageszeitung in Innsbruck
- 1983: Wechsel als Politik-Redakteur in die Wiener Redaktion der Tiroler Tageszeitung
- 1987–1991: Pressereferent für Josef Riegler, damals Vizekanzler und Minister im Bundeskanzleramt, Wien
- 1991–1992: Auslandsjahr als Gastredakteur im Axel-Springer-Verlag – tätig für Hamburger Abendblatt, Bild, Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost
Chefredakteur und Weiterentwicklung
- 1992–1994: Innenpolitik- und Europa-Redakteur bei News (Wien)
- 1995–2005: Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung; unter seiner Leitung erfolgten bedeutende Modernisierungen – u. a. Satz- und Layoutreform, vollständige Digitalisierung, Einführung eines vierfarbigen Designs und regionalisierte Ausgaben
- 2006–2007: Gründungs-Chefredakteur der Tageszeitung Österreich
- Juni 2008–Ende 2012: Chefredakteur der Wochenzeitung Die Furche
Freiberufliche Tätigkeiten, Beratung & Lehre
- Ab Ende 2012: Freiberuflich tätig als Journalist
- Dez 2013–Apr 2014: Senior Advisor für Qualitätsjournalismus bei Milestones in Communication
- Lehrende Tätigkeit: Zahlreiche Lehrbeauftragungen und Trainerrollen an Institutionen wie der FH Journalismus in Wien, der Donau-Universität Krems, der Universität Innsbruck, dem Friedrich Funder Institut und anderen. Er ist Mitherausgeber des Handbuchs „Praktischer Journalismus“
- Außerdem war er Mitglied beziehungsweise Funktionsträger im Friedrich Funder Institut, Ombudsmann des Österreichischen Presserats (bis 2021) und Mitbegründer des „neuen Österreichischen Presserats“
Publikationen & Auszeichnungen
- Publikationen (Monographien):
- Gesellschaft im Wandel – Perspektivenwechsel für Österreich (2014)
- Franz Schausberger – Politiker, Historiker, Europäer (2015)
- Die neuen Völkerwanderungen – Ursachen der Migration (2016)
- Co-Autor des jährlichen Medienhandbuchs Österreich (seit 2017)
- 2015: Verleihung des Berufstitels Professor durch den österreichischen Bundespräsidenten für seine Verdienste als Erwachsenenbildner, Autor und Journalist
- 2013: IRE-Journalist-Award für journalistische Vermittlung von Regionalismus
- 1996 bekommt Claus Reitan den Eduard-Hartmann-Preis verliehen.
Aktuelle Rolle Claus Reitans
- Seit Februar 2021: Chefredakteur des Online-Portals „Zur-Sache.at“, einem Politikblog des ÖVP-Parlamentsklubs
- Im Zuge dieser Tätigkeit legte er seine Funktion als Ombudsmann im Presserat zurück
Zusammenfassung in chronologischer Übersicht:
| Phase | Zeitraum | Tätigkeit / Station |
|---|---|---|
| Ausbildung | bis 1973–78 | Werkschulheim, Studium, journalistische Ausbildung |
| Berufseinstieg | 1978–1983 | Tiroler Tageszeitung, Innsbruck & Wien |
| Politische Kommunikation | 1987–1991 | Pressereferent im Bundeskanzleramt |
| Auslandserfahrung | 1991–1992 | Gast in Axel-Springer-Redaktionen |
| Forschungsjournalismus | 1992–2005 | News (Redakteur), Tiroler Tageszeitung (Chefredakteur) |
| Medienleitung & Aufbau | 2006–2012 | Chefredakteur Österreich und Die Furche |
| Freiberuf & Beratung | ab 2012 | Selbstständig, Milestones-Agentur, Lehrtätigkeit, FFI, Presserat, Publikationen |
| Online-Journalismus | seit 2021 | Chefredakteur von „Zur-Sache.at“ |

